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  • AutorenbildNatalie

Unterwegs im schwedischen Winter

Aktualisiert: 13. März 2023


Wir stehen an der Grenze zu Schweden. Seit zwei Tagen sind wir nun schon mit unserem Camper unterwegs, & warten gerade darauf, kontrolliert zu werden. Als wir an die Reihe kommen, fragt uns der Zollbeamte freundlich: "Wo soll es denn hingehen?" -

"Nach Sundsvall!" Antworten wir voller Vorfreude. Wir sehen ihn überrascht, aufschauen. Ungläubig, als hätte er sich verhört. Ganz perplex antwortet er: "In den Norden? Aber da ist es doch kalt!" Rückblickend würde ich sagen: Diese Reaktion hätte uns eine Warnung sein können…


 
 

Inhalt


Unsre erste Wintererfahrung in Schweden

Ankunft in Sundsvall

 

UNSERE ERSTE WINTERERFAHRUNG IN SCHWEDEN


Wie auch in meinem ersten Sommer in Schweden werde ich auch in diesem ersten Winter einmal mehr davon überrascht, dass ich zwar denke, ich hätte irgendwie eine klitzekleine Ahnung, was mich im schwedischen Winter erwarten könnte, aber wieder einmal muss ich feststellen: Nein, das habe ich nicht! Und ich war ja noch nicht einmal auf dem Weg in die Berge oder gar nach Lappland!

Die niedrigste Temperatur, die wir auf unserer Reise erleben sollten, lag bei -17°, was sich für uns, gepaart mit dem starken Wind an der Küste, schon ziemlich frisch anfühlt, für andere Teile Schwedens mit ihren -30° allerdings noch vergleichsweise mild ausfällt.

Nicht nur die Temperaturen, auch der Tagesablauf fühlt sich hier oben deutlich kürzer an, als wir es von dem Winter auf Island bereits kennen. Während es in Island um dieselbe Zeit im Jahr erst ziemlich spät hell wird, beginnt hier die Dämmerung schon sehr früh. Etwa gegen 7:00 haben wir das Gefühl, das es so langsam heller wird, wobei der Sonnenaufgang erst gegen 9:20 stattfindet. Das der Sonnenuntergang allerdings bereits um 14:20 ist, sorgt bei mir stark für das Gefühl, die Tage seien hier deutlich kürzer, denn spätestens gegen 16:00 haben wir das Gefühl, es müsse tiefste Nacht sein. Meine Langzeitbelichtungen zeigen allerdings, dass es eindeutig noch dämmert.

Ich finde es sehr spannend zu beobachten, dass mir der kurze Tag hier oben in Schweden durchaus etwas ausmacht, obgleich wir doch die gesamte helle Zeit draußen verbringen können. Immerhin sind wir ja auf Reisen, & können uns unsere Zeit frei einteilen. Und obwohl Island zur selben Jahreszeit tatsächlich sogar eine Stunde weniger Tageslicht hat, kommt es mir doch so vor, als wäre der Tag in Schweden kürzer.

Ich glaube, das liegt vor allem an der Uhrzeit, & meinem Rhythmus. Dass es morgens auf Island länger dunkel ist, führte bei mir dazu, das ich an einigen Tagen unserer Reise etwas länger schlafen, & erst gegen 8:00 aufstehen musste. Ich kann quasi ausschlafen, ohne auch nur einen Hauch Tageslicht zu verpassen.

In Schweden muss ich nun allerdings spätestens um 7:00 aufstehen. Da ich normalerweise eher länger wach bin, & dafür aber auch gern einmal länger schlafe, kam mir der Rhythmus auf Island einfach etwas mehr entgegen. Mit einer solchen Erfahrung rechne ich zu Beginn unserer Reise noch nicht, & ich bin froh, dass ich sie machen darf.

Was ich am nordischen Winter ganz besonders schön finde, ist die lange Phase der Dämmerung. Durch die lange Dämmerung & die tief stehende Sonne sind die Lichtstimmungen den ganzen Tag wunderschön, & sehr fotogen - sofern das Wetter mitspielte natürlich! Die langen Phasen blassblauen Himmels, an dem sich zart gelbe, & rosa gefärbte Wolken über den Himmel ziehen. Einfach magisch.

 

AUF NACH SCHWEDEN!

Wir sind in Schweden! Angekommen. Am zweiten Reisetag nach einer Fährfahrt & einigen Staus. Wir können es kaum glauben, aber wir haben es über die Grenze geschafft.

Es ist ja nicht so, als ob es Anzeichen gegeben hätte, das es doch nicht klappen könnte, aber seit der Pandemie tue ich mich mit Vorfreude schwer.

Während der Corona Pandemie das Land zu verlassen & noch dazu im Winter ist selbst für uns frisch geimpft, & getestete ein riesiger Luxus. Zumindest empfinden wir es so. Wir sind Hin- & hergerissen von dem Gefühl, nicht gehen zu dürfen, & unbedingt etwas neues erleben zu wollen. Kann ich das machen? Sollte ich das wirklich auch teilen? Im Winter 2021 nach Schweden, obwohl in so vielen Ländern die neue Virusvariante auf dem Vormarsch ist?

Doch Schweden ist kein Hochrisikogebiet, noch dazu sind die Zahlen dort besser als zurzeit in Deutschland. Die Durchreise durch Dänemark funktioniert, die Fähren fahren, & wir haben ohnehin nicht vor, viel Kontakt zu anderen Menschen zu haben. Und wo könnte man sich noch besser isolieren als in Schweden?

Also geht es los. Ein wenig aufgeregt sind wir schon & so recht glauben kann ich es noch nicht, das wirklich alles gut klappen wird & wir in zwei Tagen tatsächlich in unserer gemieteten Ferienwohnung ankommen werden. Wir erreichen die Fähre, scannen unser Ticket & schon stehen wir in der Schlange um uns von der Fähre von Fehmarn nach Dänemark bringen zu lassen. Niemand kümmerte sich um uns. Vielleicht nach der Überfahrt? Irgendjemand muss doch unsere Zertifikate sehen wollen!

Wir rollen in Dänemark vom Schiff, fahren durch den Hafen & zack sind wir auch schon auf der Autobahn, die uns auf direktem Weg nach Schweden bringen wird. Ok, na dann wohl nicht. Mal sehen wie es uns in Schweden ergehen wird.

Auf der Öresundbrücke lese ich schon von Kontrollen des Zolls auf schwedischer Seite. Es ist Mittwoch Mittag, übermorgen ist Weihnachten. Besonders viel Verkehr herrscht hier eigentlich nicht, dennoch stehen wir etwa 20 Minuten am Kontrollpunkt, ehe wir einem Beamten unsere Zertifikate zeigen dürfen. Nach einem kurzen Gespräch geht es dann auch schon weiter. Wir sind in Schweden. Ein kurzes Glücksgefühl flammt auf. Yay! Wir haben es geschafft. Wir sind hier. Nun liegen noch knapp 1000 km Strecke vor uns. Es ist schon Mittag, & bevor es richtig losgehen kann, ist noch einiges zu tun.

In Lund kennen wir uns mittlerweile ziemlich gut aus, & so entscheiden wir uns für einen Abstecher in die Stadt, um dort unser Guthaben für die schwedische SIM-Karte aufzufüllen. Wir parken in der Nähe der Innenstadt auf einem 30min Parkplatz. Eigentlich sollte das eine schnelle Nummer sein. In die Stadt laufen, das Guthaben kaufen, & weiterfahren. Ich bin ganz sicher, dass die richtige SIM-Karte eingesteckt habe, & ich weiß doch auch sicher, wo sie ist, oder?

Im ersten Anlauf stelle ich fest: Das ist ein Irrtum! Die Karte, die ich extra noch eingesteckt hatte, ist die Falsche. Es ist die erste SIM-Karte, die wir je in Schweden gekauft haben. Noch von unserer Reise 2019, & die ist mittlerweile natürlich abgelaufen.

Aber habe ich nicht noch eine andere dabei? Es dauert zwar etwas, aber schließlich finde ich die richtige Karte. Dummerweise allerdings auch nur den Nano-Sim, ohne den Teil, auf dem Nummer & Ablaufdatum vermerkt sind. Im Router bringt sie uns schon mal nichts, denn der zeigt uns die Kartennummer nicht an. Glücklicherweise zeigt mein Smartphone im zweiten Anlauf dann doch noch die Nummer zur Karte an, & so kommen wir der Sache ein großes Stück näher.

Wie gut, dass wir schon seit gut 45 Minuten auf einem 30-Minuten-Parkplatz stehen. Um die Gastfreundschaft nicht über zu strapazieren, parken wir ein Stück weiter in Richtung Innenstadt, auf einem 15-Minuten-Parkplatz & laufen los. Wir erreichen den Platz mit dem schönen Brunnen, der jetzt weihnachtlich geschmückt ist. Lichtfontänen sprudeln aus einem Tannendickicht am Boden des Brunnens. Rund herum flackern Hunderte Lichter. Alles funkelt & strahlt. Ob die Lichter wohl zum Luciafest aufgestellt wurden?

Nach einem kurzen, zielstrebigen Bummel durch die Stadt haben wir unser Guthaben aufgefüllt, einen Blick in die hübsch geschmückten Schaufenster geworfen, & können mit unsere Reise starten. Es wird früh dunkel, & es beginnt zu schneien. Große Schneeflocken fallen fluffig weiß vom tiefschwarzen Himmel in den Lichtkegel unseres Campers. Bis zum großen See wollen wir aber zumindest noch kommen. Die Straßen sind hier unten im Süden gut ausgebaut, wir kennen diesen Teil der Strecke bereits, & sind trotz Dunkelheit guter Dinge.

Als wir Linköpingerreichen, ist es schon recht spät, & wir entscheiden, nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Ich suche einen Platz, der einfach zugänglich ist, aber nicht unbedingt mitten in einer Ortschaft liegt. Wir wissen nicht, wie die Straßenverhältnisse abseits der großen Straßen aussehen & wollen schwierige Anfahrten über lange Schotterpisten im dunkeln & bei Schnee lieber vermeiden. Am Naturschutzgebiet Tåkern werden wir fündig. Ein süßer Platz, direkt an der Straße, gut zugänglich über einen kurzen, geschotterten Weg. Der Parkplatz ist durch Gebüsch von der Straße getrennt. Es liegt ein wenig Schnee, aber nicht zu hoch.

Unsere zweite Nacht im Camper ist schon deutlich kälter, aber auch bei -7° halten unsere Schlafsäcke noch warm. Am Morgen können wir einen kurzen Blick erhaschen, wo wir hier übernachtet haben, & merken uns diesen Ort für eine weitere Reise. Im Frühling sind große Gebiete wegen der Brutzeit gesperrt, aber im Sommer & Herbst scheint dieser Ort sehr beliebt zu sein. Besonders wenn man sich für das Beobachten oder Fotografieren von Vögeln interessiert.


 

ANKUNFT IN SUNDSVALL

Am Nachmittag erreichen wir Sundsvall. Es ist bereits seit einer ganzen Weile dunkel. In der Ferne tauchen die ersten Lichtpunkte auf. Bald darauf kommen wir an erleuchteten Felsen vorbei, an denen riesige Eisbrocken glitzern. Es wird wieder heller. Die Stadt muss jetzt recht nah sein. Über ein langes Gefälle fahren wir auf einen im ersten Moment kompliziert wirkenden Kreisverkehr zu. Alles glitzert & leuchtet. Der Schnee neben der Straße glitzert & funkelt, es ist beinah taghell. Ich glaube nicht, dass ich jemals so viele Straßenlaternen an einem einzigen Ort gesehen habe. Die Straße ist frei. Frei von Schnee, aber auch frei von Autos. Wir fahren weiter durch die hell erleuchtete Stadt. Wir kommen der Innenstadt näher, & es beginnt überall zu blinken, & zu funkeln. Die Lichter weisen uns den Weg, & wir haben kurz das Gefühl, ganz allein in der Stadt zu sein. Niemand ist unterwegs. Kein Mensch, kein Tier, kein Fahrzeug.

Wir finden den Weg, das Haus, unsere Ferienwohnung. Hübsch ist es hier. Niemand wartet hier auf uns, aber das wussten wir bereits. Gestern habe ich bereits eine Mail erhalten, in der ich über die Vorgehensweise informiert werde. Es gibt einen täglich wechselnden Code für die Eingangstür, & dann einen Code für die Wohnungstür. Alles funktioniert einwandfrei, & wir können unser neues Zuhause für die nächsten Tage beziehen.

Die Wohnung ist süß. Klein. Hat aber alles, was wir brauchen. Es ist im Grunde nur ein Zimmer, sieht aber aus wie auf den Bildern. Das ist schon mal vielversprechend. Es gibt ein großes Bett, einen Sessel, einen Tisch mit vier Stühlen, einen Schrank, & die Küchenzeile. Die einzig andere Tür führt ins Bad.

Die Türen haben hier so ihre Tücken, wie ich sogleich bemerke. Ich möchte noch einmal hinunter zum Auto gehen, um die Taschen zu holen, drücke die Türklinke runter, versuche sie aufzudrücken, doch nichts tut sich. Ich komme hier nicht raus. Ich drücke die Klinke ein weiteres Mal herunter - wieder nichts. Ein bisschen panisch frage ich mich, was ich jetzt machen soll. Einmal tief durchatmen. Als ob ich es nicht besser wüsste. Ich bin doch schon an vielen Orten gewesen, an denen es ungewohnte Türsysteme gibt. Ob man die Türklinke wohl hochziehen kann, um die Tür zu verriegeln? Nein. Was macht eigentlich der kleine Riegel über der Klinke? Ich drehe ihn einmal nach links. Nichts geschieht. Dann einmal nach rechts. Endlich! Die Tür springt auf. Puh…


 

PARKPLATZGESCHICHTEN

Am nächsten Morgen werden wir bereits gegen sieben von der Dämmerung geweckt. Wunderschön glimmt der Himmel im ersten Licht des Tages & wir fragen uns: "Was macht man in Schweden eigentlich so im Winter?" Wir befragen den Reiseführer, was es hier in der Region so zu entdecken gibt & beschließen einen kleinen Ausflug mit dem Camper zu machen. Wir müssen ohnehin mit ihm wegfahren, denn ab acht brauchen wir vor dem Haus ein Parkticket. Zumindest hatten wir das Schild am Abend so gedeutet. Wir laufen hinunter zum Auto. Schon von Weitem sehen wir einen gelben Zettel an unserem kleinen gelben Camper haften. Oh man, das kann ja nichts Gutes sein! Bei näherer Betrachtung: ein Strafzettel. Warum haben wir einen Strafzettel bekommen? Und warum wurde er um 23:54 ausgestellt? Sollten wir hier nicht nur zwischen 8:00 - 18:00 ein Parkticket ziehen?

Wie wir später nach einigen Recherchen herausfinden sollten, darf man hier in der Stadt zwischen 8:00-18:00 jeweils 2 h mit einem Parkticket parken. Außerhalb dieser Zeiten darf man hier ohne Ticket parken, allerdings nur bis 22:00. Zwischen 22:00-5:00 gibt es nämlich ein generelles Fahrverbot für die Innenstadt & in diesem Zeitraum darf sich offenbar kein Fahrzeug in der Stadt aufhalten. Die Schilder, die darüber informieren, stehen natürlich an der Stelle, an der diese Zone beginnt & diese Schilder sollten uns erst Tage später auffallen.


 

HÖGA KUSTEN

Bei herrlichem Wetter fahren wir weiter in Richtung Norden. Wir wollen uns den Küstenabschnitt Höga Kusten anschauen. Auf den letzten zwei Schwedenreisen wollte ich gern einen Ausflug hier her machen, aber beide Male fuhren wir letztlich über den Inlandsvägen in Richtung Norden. Wir haben auf diesen Touren zwar viele Abstecher gemacht, aber alle gingen in die Berge, kein einziger Abstecher führte uns in Richtung Ostsee.

Diese Winterreise wollen wir nun dazu nutzen, endlich auch einen Teil der schwedischen Ostseeküste zu sehen. Im Winter. Bei Schnee, Eis, & Wind.

Und wir werden nicht enttäuscht. Das Wetter ist herrlich, die Sonne steht tief, auf den Hügeln, um uns her liegt wunderbar funkelnder Schnee & die Windhose vor der Brücke zeigt eine steife Briese. Mir schwant, heute könnten wir etwas erleben, das wir bereits aus Island kennen: Fensterwetter.

Wenn es herrlich sonnig & klar ist, die Temperaturen irgendwo bei -15 Grad liegen, & man vom Wind weggepustet wird: Das ist das berühmte Fensterwetter. Es ist so schön, man möchte einfach hinaus. Aber man sollte es lieber lassen. Lieber einfach im warmen bleiben, hinausschauen, & sich an der Sonne erfreuen.

Wir fahren auf den Parkplatz, ziehen unsere dicksten Jacken an, & steigen aus dem Camper aus. Geistesgegenwärtig parken wir mit der Nase zum Wind, & so wird es zwar schwierig, die Tür aufzudrücken, aber wenigstens kann sie mir so nicht aus der Hand rutschen, & unkontrolliert aufschlagen. Während mir dieser Gedanke durch den Kopf schießt, schlüpfte ich aus dem Auto. Meine Füße landen im Schnee. Unter dem Schnee eine feste Eisschicht. Ich rutsche, kann mich aber gerade noch fangen. Im selben Moment spüre ich den Wind, & weiß, meine Hose wird für diese Reise definitiv nicht warm genug sein. Aber in diesem Moment ist mir das ganz egal. Es ist sonnig, die Aussicht von hier oben ist traumhaft, & ändern lässt es sich jetzt ja ohnehin nicht mehr. Also laufen wir los. Vorsichtig. Schritt für Schritt, denn überall ist es rutschig. Offenbar verbirgt sich überall unter dem Schnee eine feste Eisschicht. Von diesem Problem, das es mitten im Winter plötzlich beginnt zu tauen, nur um dann ebenso schnell wieder zu gefrieren, hatten wir im Sommer bereits gelesen. Gerade für die Rentiere ist das ein großes Problem, denn sie finden dann nichts mehr zu fressen. Für Schnee sind sie ausgerüstet. Sie sind kuschelig warm eingepackt, können Wind & Wetter trotzen. Aber wie soll denn ein Rentier eine solche Eisschicht durchbrechen können, um an die kurzen Halme darunter zu gelangen? Nun verstehen wir, was das eigentlich bedeutet. Das Ausmaß dessen hatten wir uns im Sommer einfach nicht vorstellen können. Dazu muss man eine solche Wetterlage einfach einmal hautnah erlebt haben. Nach einigen Tagen hier in Schweden werden wir, was das angeht, um so einige Erfahrungen reicher sein!

Gleich auf unserem ersten Ausflug verlieben wir uns in diesen wundervollen Küstenabschnitt. Das Land ist hügelig, von Wald überzogen. Es wirkt ein weinig wie eine Mischung aus einer bewaldeten Schärenküste, & kleinen Fjorden. Überall kleine Inseln. Überall Wasser.

Eins ist uns schon nach dem ersten Ausflug klar: Wir werden in den kommenden Tagen sicher weitere Ausflüge in diese Region machen!


 

AUF INS LANDESINNERE

Die Wettervorhersage für den kommenden Tag verspricht kein besonders gutes Wetter für die Küstenregion. Weder in Sundsvall, noch im Norden oder im Süden soll es besser aussehen. Es wird bewölkt sein, windig, & womöglich 20 cm Neuschnee geben. Im Landesinneren, da könnte es besser sein. Wir müssten natürlich über einige Hügel erst einmal durch die Schneezone hindurch, & dahinter, dort, wo der Schnee bereits gefallen ist, dort sollte es klar werden. Ich schaue, wo wir hinfahren könnten, & finde den DödaFallet. Ein Gebiet mit einer Geschichte, die mir sehr bekannt vorkommt. Denn DödaFallet bedeutet "Der tote Fall". Ein Wasserfall ohne Wasser. Und davon gibt es einige hier in Schweden.

Ich schaue schnell, ob die Zufahrt auch schön kurz ist, & es so aussieht, als ob wir dort vielleicht tatsächlich auch hinkommen könnten. Es gibt nur Bilder vom Sommer, aber der Weg sieht ausgesprochen einfach aus. Es ist zwar eine Schotterpiste, aber sie führt nur ein paar Meter von der größeren Straße weg, & mündet direkt in einem ersten Parkplatz. Das sollte doch machbar sein, oder?

Wir machen uns auf den Weg & spazieren zum Hafen, an dem wir nun lernfähig wie wir sind, den Camper parken. Das Wetter grau in grau. Irgendwie trüb. Es sieht nicht so aus, als würde es heute noch hell werden. Der Wind ist nicht besonders stark, es ist sehr kalt, aber es schneit nicht. Nach dem kurzen Spaziergang sind wir bereits ziemlich eingefroren. Wir steigen ins Auto, versuchen den Motor zu starten, doch nichts tut sich. Er will einfach nicht anspringen. Wie gut das wir eine weitere Batterie dabei haben, dann können wir uns zumindest selbst Starthilfe geben. David klettert nach hinten, baut die Batterie aus, steckt die Kabel, & wagt einen weiteren Versuch. Nichts. Auch der zweiten Batterie scheint es wohl zu kalt gewesen zu sein.

Während wir den Camper wieder aufräumen, warten wir auf einen anderen Autofahrer. Glücklicherweise müssen wir gar nicht lange warten, & schon erscheint ein älterer Herr, schick gekleidet & spaziert zu dem stattlichen Volvo, der direkt neben uns parkt. Was für ein Glück. Wir sprechen ihn an, & er meint: "Na klar, wenn mein Auto anspringt, dann helf ich euch gleich!" Gesagt getan. Sein Volvo, der für Schweden gebaut ist, hat eine Motorheizung. Schnurrend springt er an. Das kleine Kraftpaket hat genug Power, das auch unser frierender, altersschwacher Diesel sich dazu überreden lässt, noch einmal anzuspringen. Der Tag kann beginnen!

Unser Roadtrip ins Landesinnere beginnt, wie es zu erwarten war. Das Grau wird immer dichter, die Straßen sind glatt, & das Wetter wird immer schlechter. Es fallen große, flauschige Flocken vom Himmel. Der Schnee tanzt fröhlich vor uns auf der Fahrbahn. Links von uns liegt der Fluss. Bald wird er nicht mehr zu sehen sein, wenn es mit dem Schneesturm so weiter geht. Ein paar Minuten später sehen wir nicht einmal mehr die Lichter vom vorausfahrenden Fahrzeug. Ob die Tour wohl so eine gute Idee war? So schnell es schlechter wurde, so schnell wird es wieder besser. Nach einem kurzen Anstieg liegt plötzlich eine Senke vor uns. Der Himmel reißt auf, die Sonne bahnt sich einen Weg zu uns, & der blaue Himmel begrüßt uns. Die Straße ist verschneit, sieht hier aber frisch geräumt & mit Steinchen gestreut aus. Es fährt sich auch wieder besser. Wir sind gespannt auf unser Ziel.

Weit kann es nicht mehr sein. Das Navi teilt uns mit: "die nächste Straße links abbiegen" Welche nächste Straße? Ehrlich, da ist nirgends eine Straße. Hinter uns kommt gerade kein Auto, also werden wir langsamer. Ich entdecke das Schild, das einen anweist, um es herum zu fahren. Dann sehe ich die Winterstöcke am Wegesrand, die Markierung, dass hier ein Weg ist. Aber wir sehen nur Schnee. Schnee türmt sich in der Zufahrt, & wir erkennen schnell - für uns ist hier kein durchkommen! An Abbiegen ist nicht zu denken, & mittlerweile tauchen hinter uns weitere Fahrzeuge auf. Ein wenig entmutigt fahren wir weiter.

Der neue Plan: an der nächsten Möglichkeit wenden. Oder auf dem nächsten Parkplatz halten. Mal sehen, was zuerst kommt. Auf den nächsten Kilometern finden wir nichts dergleichen. Die Straße windet sich durch eine wunderschöne Landschaft. Ein Tal von Bergen umgeben. Links neben uns fließt weiter der Fluss. Seine Ränder scheinen eingefroren, & glitzern im weißen Schimmer. Das Wasser in der Mitte tiefblau, fast schon schwarz. Manchmal aufbrausend sprudelnd, dann wieder gemächlich fließend. Dampfend im Sonnenlicht.

Einige Kilometer weiter, endlich ein Parkplatz. Und was für einer. Wir finden verschneite Sitzgruppen am Fluss & Schilder, die uns verraten, wo wir uns gerade befinden, & was es hier zu entdecken geben könnte. Der ganze Platz ist tief verschneit, aber der Weg & der Parkplatz sind heute schon befahren worden, also trauen wir uns auch hinauf.

Auf der anderen Straßenseite ragen Felsen aus dem Schnee empor, im Schein der tief stehenden Sonne rot, glühend. Wir entscheiden hier eine Pause zu machen, unseren Tee zu trinken, & die Kanelbullar zu essen. Aber erst müssen wir noch einen kleinen Abstecher an den Fluss wagen. Das Wetter ist schön, es ist sonnig, & die Kulisse traumhaft. Als Erstes: Fotos von unserem Camper FeBo im Schnee machen, ist ja klar. Dann einen kurzen Abstecher an den Fluss! Es ist so schön, dass ich noch einmal die Gelegenheit nutze & Fotos von uns beiden am Fluss mache. Auf dem Weg zurückschauen wir noch einmal an der Zufahrt zum DödaFallet vorbei, aber es bleibt dabei. Für uns ist hier kein durchkommen. Der Schneepflug hat offenbar in den vergangenen Tagen immer wieder den Schnee an die Seite geschoben, & nun türmt sich der Schnee in der Zufahrt. Etwas niedergeschlagen machen wir uns auf den Rückweg. Wenn hier schon kein Durchkommen ist, macht es dann überhaupt Sinn, zum Nationalpark zu fahren?


 

WINTERWANDERN IM SKULESKOGENS NATIONALPARK

Am Abend recherchieren wir, ob wir einen Ausflug in den Skuleskogens Nationalpark machen können, & finden schließlich eine Information, die uns Mut macht. Der Osteingang wird zwar nicht schneefrei gemacht, soll aber zugänglich sein, & sich für einen Winterausflug anbieten. Der Nordeingang hingegen soll an den Wochenenden von Schnee befreit werden. Das hört sich doch nicht schlecht an!

Voller Neugier & mit nicht zu großen Hoffnungen fahren wir los. Als Erstes wollen wir schauen, ob wir den Weg am Osteingang nehmen können. Die Straße scheint heute recht gut geräumt worden zu sein & kurz vor der Abfahrt sehen wir schon das Hinweisschild. Das Schild weist den Eingang Ost & einen kleinen Rastplatz aus. Vorsichtig fahren wir an den Rastplatz heran, doch der scheint schon geräumt worden zu sein. Das ist doch schon mal super. Auf dem geräumten Parkplatz halten wir nach der Zufahrt Ausschau. Diese ist zwar nicht geräumt, aber der Weg ist gut zu erkennen & sieht so aus, als ob heute schon einige Fahrzeuge dort hinein gefahren sind. Vorsichtig fahren wir auf die geschlossene Schneedecke, aber die Traktion ist gut. Überraschenderweise fährt es sich ziemlich gut auf dem Schnee. Der Boden ist fest & griffig. Hier scheinen sich auch keine Eisplatten unter losem Schnee zu verstecken, das ist sehr beruhigend. Der Weg vor uns windet sich in Kurven, & als David gerade sagt: "Ach zum Glück ist die Zufahrt schön eben" erhebt sich vor uns der einzige & letzte Hügel vor dem Parkplatz. Als hätte der Weg es gehört, & wollte uns noch kurz einmal zeigen, was er so kann, aber wir kommen den Hügel hinauf - ohne Schalten zu müssen. Aufgeregt erreichen wir den Parkplatz. Wir sind nicht die Einzigen, & alle anderen Fahrzeuge sehen absolut wintertauglich aus. Es stehen ausnahmslos Offroader hier. Na, da sind wir ja in Bester Gesellschaft!

Der Zugang zum Nationalpark ist eingeschneit, aber der Steg ist gut zu erkennen. Hier wird offenbar nie Schnee geräumt, aber das macht nichts. Mit jedem Schritt versinken wir mit den Schuhen einige Zentimeter im Schnee, aber der Untergrund ist fest. Nichts ist rutschig oder matschig. So macht das doch Spaß! Nach einigen Metern erreichen wir die Infotafeln mitten im Wald. Sie bilden die halbrunde Rückwand zu einem Aufenthaltsbereich aus Bänken & Feuerstellen, wo gerade eine Gruppe Stockbrot backt. Der Duft ist himmlisch.

Nach einem Blick auf die Tafeln entscheiden wir uns dafür, eine der kleinen Runden zu wagen. Wir starten in die ausgeschilderte Richtung, den Bohlen folgend. Sollten wir die ausgebaute, rollstuhltaugliche Runde zum Aussichtspunkt Nylandsruten nehmen oder doch zum Aussichtspunkt Langtjärnhällorna abbiegen?

Rollstuhltauglich ist im Winter natürlich keiner der Wege, aber zumindest sind die Stege auf dem ersten Wegstück unter dem Schnee noch gut auszumachen. An der Wegkreuzung entscheiden wir spontan, nach rechts abzubiegen, & dem blauen Punkt in Richtung Langtjärnhällorna zu folgen.

Vor uns liegt nur noch der Wald. Einige Fußspuren können wir vor uns noch ausmachen, aber es sieht nicht so aus, als wären hier heute schon Menschen unterwegs gewesen. Dennoch machen uns diese Spuren mut. Wir folgen dem Pfad bergab durch dichten, verschneiten Wald. Der Pfad windet sich, & bald folgen wir ihm wieder bergan, bis wir plötzlich an einer Kreuzung stehen. Nach rechts führt der Weg leicht bergab in Richtung Schlucht, geradeaus zeigt der Wegweiser in unberührte Schneefelder. Ich kann den ersten blauen Punkt ausmachen, aber Fußspuren suche ich vergebens. Zeichen eines Weges sind auch keine mehr zu entdecken, & so tasten wir uns langsam voran. Hier sinken wir mit jedem Schritt deutlich tiefer in die flauschige Schneedecke ein, aber der Untergrund bleibt fest. Nach einigen Metern über eine spärlich bewaldete Fläche finden wir eine Spur. Offenbar war hier jemand auf Skiern unterwegs. Wir halten uns an den Pfad der Skier, & folgen den blauen Punkten. Jeder Schritt wird beschwerlicher, aber noch ist der Untergrund fest. Plötzlich tauchen andere Spuren im Schnee auf. Vor uns ein Häschen. Dann kleine Tatzen im Schnee, vermutlich ein Fuchs. Ich bedaure, dass wir uns das Infomaterial nicht mit auf unsere Wanderung genommen haben. Ob uns das wohl beim Fährtenlesen helfen würde? Die Fährte führt von unserem Weg weg, & wir stapfen weiter, bis wir auf weitere Kaninchen Spuren stoßen. In gerader Linie hoppelt das Häschen in meinen Gedanken den Weg vor uns entlang. Ob es das Kaninchen wohl auch eilig hatte? "Keine Zeit, keine Zeit!" - Jetzt nur nicht in den Kaninchenbau fallen!

Vorsichtig gehen wir weiter. Wir laufen durch eine Senke, der Schnee knarzt unter unseren Füßen. Links neben uns verläuft die Spur der Skier voruns, die Kaninchenspuren. Wald erstreckt sich dahinter. Ich blicke zu meiner Rechten. Der Hügel fällt in diese Richtung ab, dahinter breitet sich ein Panorama aus verschneiten Wäldern aus, die geschichtet hintereinander aufragen. Vor uns ein schneebedeckter Hügel. Es wird steiler, & wir müssen aufpassen, wohin wir treten. Offenbar war der Anstieg auf den Skiern hier auch anstrengender. Vorsichtig tapsen wir voran, bis die Schneedecke plötzlich dünner wird. Wir haben das Felsplateau erreicht. Mein Blick erhebt sich aus den vielfältigen Weißtönen & vor mir breitet sich ein verschneites Tal aus. Wald - soweit das Auge reicht, erstreckt sich ins Tal hinab. Und dort unten in der Ferne, sehen wir das Meer. Die Küste, Inseln, die aus dem Wasser ragen. Spektakulär. Dafür hat sich der Weg schon gelohnt. Wir stehen völlig allein mitten in der verschneiten Landschaft. Der Schnee verschluckt alle Geräusche. Es ist seltsam Still. Der Anblick ist atemberaubend!

 

HORNSLANDET

Es ist unser vorletzter Tag in Sundsvall. In den letzten Tagen haben wir so viele Ausflüge zur hohen Küste weiter nördlich gemacht, dass wir weder die Stadt noch die Küste weiter südlich gesehen haben. Wir fragen uns: Was wollen wir heute lieber machen? In der Stadt bleiben & alles einmal bei Tageslicht anschauen? Vielleicht einen Ausflug hinauf auf die Aussichtsberge machen? Oder doch nach Hudiksvall fahren & auf dem Weg die Halbinsel Hornslandet erkunden?

Wie so oft befragen wir das Wetter Orakel. Oh, ihr weisen Wetterexperten, könnt ihr uns einen Tipp geben, was uns heute erwarten wird?

Das Wetter verspricht nicht gerade aussichtsreich zu werden. Weder hier in Sundsvall, noch weiter im Süden. Also ist es eigentlich egal. Spontan entscheiden wir uns heute in den Süden aufzubrechen, & erst den kommenden Tag, Silvester, in Sundsvall zu verbringen.

Wir brechen auf, der Himmel ist klar, die Dämmerung zaubert verschiedenste Gelbtöne in den blassblauen Himmel. Die Warnung des Wetterorakels im Kopf bereiten wir uns schon einmal auf höhere Temperaturen & Niederschlag vor. Es wird heute doch nicht regnen wollen, oder? Hudiksvall ist nicht gerade um die Ecke, aber so hat unsere Batterie ein wenig Zeit, sich wieder frisch aufzuladen. Außerdem macht die Fahrt durchaus Spaß.

Noch bevor wir Hudiksvall erreichen, biegen wir links in eine kleinere Straße ein.

Wir befinden uns auf dem Weg hinauf auf die Halbinsel. Kaum haben wir diese erreicht, beginnt es schon zu schneien. Große, fluffig weiche Flocken fallen vom Himmel. Der Boden & der Himmel scheinen eins werden zu wollen. Von einer schön geräumten Strecke kann hier nicht mehr die Rede sein. Immerhin bleibt der Schnee fluffig, & wir finden keine Eisplatten, die sich im Hinterhalt verstecken. Vorsichtig folgen wir den immer schmaler werdenden Straßen. Vorbei an kleinen Ortschaften & Wäldern. Irgendwann wird der Verkehr weniger, & es kommen auch keine Ortschaften mehr. Zu unserer rechten & linken nur noch Wald. Ob wir hier wohl richtig sind?

Wir fahren weiter, kommen bald an tief eingeschneiten Rastplätzen vorbei. Der Versuch, auf einen von Ihnen draufzufahren, & kurz anzuhalten, endet beinah damit, das wir unseren Camper im Tiefschnee begraben, aber wir können noch aus der Schneewehe hinaus steuern, & landen glücklicherweise wieder wohlbehalten auf der Straße. Ok, nein, hier halten wir nicht an! Lieber weiterfahren bis zum Ende der Straße. Irgendwann sollten wir an Parkplätzen vorbei kommen. Die Ersten gehören zum Naturreservat Hölick. Sollten wir dort nicht parken können, kommt noch ein letzter kleiner Ort. Er hat Hotels, & eine Kirche, spätestens dort werden wir sicher einen Ort zum Anhalten finden.

Wir erreichen die ersten Parkplätze am Naturreservat an der Südspitze der Halbinsel. Hier gibt es überraschend viele Parkplätze. Sogar Busparkplätze. Vermutlich wird hier im Sommer viel los sein. Den Spuren im Schnee nach zu urteilen, ist dieses Gebiet auch im Winter beliebt & belebt, obgleich wir noch kein anderes Fahrzeug gesehen haben. Wir parken auf einem Parkplatz, an dem der Schnee bereits ein wenig fest gefahren wurde. Gleich gegenüber sehen wir ein Haus & hinter diesem Haus müsste eine Bucht liegen. Ein Sandstrand an der Ostsee.

Hinter uns liegt der Wald. Dem Toilettenhäuschen, & den Schildern zufolge liegt hier wohl der Zugang zum Naturreservat. Nach einem kurzen Blick auf die Schilder entscheiden wir uns erst einmal dafür, einen kleinen Ausflug zum Strand zu machen. Wir laufen zum Haus auf der anderen Straßenseite, offenbar ein beliebtes Ausflugsziel im Sommer. Es gibt eine große Terrasse, dahinter einen verglasten Wintergarten. Palmen überwintern in der Sicherheit des

verglasten Raumes. Es sieht hübsch aus, es wäre sicher spannend, noch einmal im Sommer her zu kommen.

Wir stapfen den kleinen Hügel hinauf am Haus vorbei, & können einen ersten Blick auf die Bucht erhaschen. Vor uns breitet sich eine kleine, verschneite Dünenlandschaft aus. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Die Spitzen von Gräsern lugen aus den Schneehügeln hervor. Obgleich alles unter einer dicken Schneeschicht verborgen ist, finden wir den Weg hinab in die Bucht. Vorsichtig setzen wir einen Fuß vor den anderen, & versinken bis zu den Knöcheln im weichen Schnee. Alles fühlt sich seltsam weich an. Der Schnee, der Untergrund. Ob wir hier wohl schon am Strand sind? Über Sand gehen? Im Wasser vor uns schwimmen Schwäne & einige andere Vögel, die ich allerdings nicht benennen kann. Um sie herum treiben Eisbröckchen im Wasser. Die drei Schwäne paddeln eilig davon, als sie uns bemerken. Hinauf aus Wasser. Rein in undurchdringliches Weiß. Rhythmisch schwappt die Brandung in die Bucht. Es sieht fast so aus, als wolle sie sich von ihren Eisbröckchen befreien, & sie hier an Land zurücklassen. Es gelingt ihr nicht.

Die kleine Bucht ist wunderschön. Wie ein perfekter kleiner Halbkreis liegt sie vor uns. Hier unten sehen wir nun auch den weißen Sand in unseren Fußtapsern. Wir sind wirklich am Strand! Zu unserer Rechten erstreckt sich ein Wäldchen zu unserer linken eine kleine Dünenlandschaft, weiter vorne einige Steine der Schärenküste & darüber, zwischen den Bäumen sehen wir ein Häusschen. Die Aussicht aus der Bucht heraus ist grau. Das graublaue Wasser, die tief liegenden Wolken darüber. Der Wind wirbelt uns kleine Flocken entgegen. Als der Wind stärker wird, kehren wir zum Auto zurück. Es ist schon fast Mittag, & so langsam haben wir Hunger.

Etwa eine halbe Stunde später erreichen wir Hudiksvall. Der See in der Stadt liegt eingefroren, & weiß da. Wir parken am Hafen, schauen uns die alten Speicherhäuschen an, & gehen an einer kleinen Imbissbude etwas essen. Der Tag ist schnell vorbei. Nach einem kleinen Bummel durch die Stadt ist es bereits so dunkel, dass die ersten Lichter erstrahlen.


 

SUNDSVALL & UMGEBUNG

Seit Tagen wohnen wir in Sundsvall, ohne die Stadt so richtig erlebt zu haben.

Wenn wir am Morgen aufbrechen, dämmert es meist, aber hell ist es dann noch nicht.

Von den meisten Ausflügen kommen wir zwar bereits am Nachmittag zurück, aber da die Sonne zu dieser Jahreszeit bereits um 14:20 untergeht, ist es natürlich ab 16:00 schon wieder dunkel. Bisher haben wir die Stadt fast ausschließlich im Dunkeln gesehen. Aber im Grunde macht das gar nichts. Die kleine Stadt ist einfach wunderschön im Dunkeln. Die gesamte Innenstadt wird von funkelnden Lichtern erhellt, & wir haben Glück. Immerhin kommen wir auch noch in den Genuss, die Weihnachtsbeleuchtung bewundern zu dürfen.

Die Abende lassen wir gern mit einem Spaziergang durch die Stadt ausklingen. Es macht Spaß, durch die verschneite, doch hell erleuchtete Stadt zu spazieren. Es ist nicht taghell, aber doch funkelt & glitzert alles. Im Grunde haben wir bereits um 18:00 das Gefühl, als sei es mitten in der Nacht. Immerhin ist es ja auch schon seit Stunden wieder dunkel.

Heute, am letzten Tag des Jahres 2021, der gleichzeitig unser letzter Tag hier in Sundsvall ist, haben wir vor, die Stadt endlich auch einmal bei Tageslicht zu sehen, & die direkte Umgebung zu erkunden. Gleich mit Tagesanbruch geht es hinaus zu unserem ersten Ausflug.

Unser erster Halt: Der südliche Hausberg.

Von dort oben soll man eine herrliche Aussicht auf die Stadt haben. Ich habe gesehen, dass es am Hotel einen Aussichtspunkt gibt, & den möchten wir uns anschauen. Wir folgen der steilen Straße den Hang hinauf durchs Wohngebiet. Oberhalb dieser Wohngebiete liegt ein Wald. Der Wald scheint das Naherholungsgebiet zu sein. Im Winter gibt es hier oben Langlauf Loipen. An der Seite des Berges, der zur Stadt zeigt, thront oben auf dem Plateau ein großes Hotel mit einem Panoramarestaurant. Direkt davor befindet sich ein Skihang.

An diesem Morgen ist hier oben viel los. Wir sehen so viele Menschen wie noch gar nicht während unserer Reise. Die meisten machen sich fertig, um Langlaufen zu gehen, nur Einzelne scheinen auch einen Spaziergang machen zu wollen. Wir parken auf dem Parkplatz hinter dem Hotel, & folgen dem Weg. Auf einmal laden wir oberhalb der Skipiste auf einem präparierten Pfad. Ob das wohl richtig ist? Vorsichtig gehen wir weiter. Wir halten uns ganz am Rand.

Unter meinen Füßen knarzt der feste Schnee, ich muss mich konzentrieren, den kleinen Hügel hinaufzusteigen, denn zwischen dem festen Schnee sehe ich auch Eisplatten. Ich finde einen Weg, hebe meinen Blick & vor mir breitet sich das Panorama aus. Direkt unter mir liegt die Skipiste. Sie ist nicht besonders lang, & scheint auch nicht besonders schwierig zu sein, sieht aber doch spaßig aus. Ich bekomme gleich Lust, auch endlich einmal wieder Skifahren zu gehen. Weiter unten im Tal erstreckt sich die Stadt. Von hier oben habe ich eine fantastische Aussicht über die Brücke, die den Flusslauf vor der Stadt überspannt. Der Hafen liegt etwas zurückgesetzt, mitten im Eis. Von hier oben wirkt er beinah, als läge er direkt in der Stadt. An den kleinen Hafen schließt sich die Altstadt an, dahinter weitere Wohngebiete & die Universität. Auf der anderen Seite erhebt sich ein weiterer Hügel, auf dem sich ein anderer Aussichtspunkt erhebt. Und genau dort wollen wir als Nächstes hin.



Auf zum Aussichtspunkt Norra Berget!

Der nördliche Berg besteht aus einem Freilichtmuseum, das eine Vielzahl alter Häuser aus der Region beherbergt. Es gibt dort eine Sennerei, bei der man im Sommer Käse probieren könnte. Das Freilichtmuseum liegt verwaist da. Die Sennerei, die Tiergehege, ja im Grunde die gesamte Anlage ist wegen Winterferien geschlossen. Nur das Restaurant scheint sich auf den abendlichen Betrieb vor zu bereiten.

Wir laufen durch das Gelände, & schauen uns die alten Gebäude an. Der Pfad windet sich zwischen Bäumen, && Häusern hindurch zur Kante des Berges & weiter hinauf Zugrestaurant, && dem Aussichtsturm. Auch der Aussichtsturm hat heute geschlossen, aber das macht nichts. Die Aussicht über die Stadt, && den südlichen Berg sind auch von hier aus wunderschön. Hier oben haben wir den perfekten Aussichtspunkt, um uns den Sonnenuntergang über der Stadt anzuschauen. Eine halbe Stunde bleiben wir hier oben stehen. Zwischen Gold glitzerndem Schnee, um die letzten Sonnenstrahlen des Jahres zu genießen.


 

RÜCKREISE


Unsere Rückreise gestaltet sich etwas sportlicher als unsere Hinreise, & so brechen wir im ersten Licht des ersten Tages im neuen Jahr 2022 auf. Auf in Richtung Süden.

Innerhalb eines Tages fahren wir die gesamte Strecke zurück nach Malmö. Wir erreichen einen kleinen Parkplatz am Meer mitten in der Nacht. Ein paar Stunden später geht es gleich weiter. Über die Brücke nach Dänemark, & dann schleunigst mit der Fähre zurück nach Deutschland.


Wir sind traurig, Schweden wieder verlassen zu müssen. Den Winter hier oben zurücklassen zu müssen, & unsere Rückreise anzutreten, ohne Nordlichter gesehen zu haben. Aber für Nordlichter waren wir definitiv am falschen Ort.


Mehr noch als Schweden selbst werde ich wohl den Winter vermissen. Die klare, kalte Luft, & den dicken, weichen Schnee. Endlich einmal wieder so einen schönen Winter erlebt zu haben, weckt in mir den Wunsch, den Winter noch ein wenig länger genießen zu können. Das Gefühl, einfach nicht genug Winter bekommen zu können. Denn zu Hause in Deutschland lebe ich definitiv nicht am richtigen Ort für verschneite, kalte Wintertage. Der schwedische Winter hat mich verändert, & ich bin sicher, dass ich noch einmal wieder kommen werde.


 
 

Ich hoffe, dir hat die kleine Winterreise mit uns gefallen, & vielleicht hast du jetzt ja auch Lust bekommen, Schweden einmal im Winter zu besuchen?




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